Dienstag, 16. November 2010

Manchmal muss man einfach meckern

Jens Höhner
(...)
Köln, den 15. November 2010

Deutsche Bahn AG
Beschwerdestelle
Postdamer Platz 2

10785 Berlin


Betrifft: Beschwerde über Fahrkartenkontrolleur


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Schreiben möchte ich Sie über einen Vorfall in Kenntnis setzen, der mich am ersten freien Wochenende seit etlichen Wochen ziemlich viele Nerven und vor allem kostbare Freizeit gekostet hat. Und das nur, weil einer Ihrer Mitarbeiter offenbar keine Ahnung von Ihren Geschäfts- und Tarifbedingungen hat. Es geschah am Mittwoch, 10. Novemer, im Zug der S-Bahn-Linie 12 von Köln nach Hennef beziehungsweise Au/Sieg. Ich stieg um 9.56 Uhr an der Haltestelle „Trimbornstraße“ in Köln zu – nicht wissend, dass mein Job-Ticket zu Hause lag. Ich hatte von meiner Freundin ein neues Portemonnaie geschenkt bekommen, das ich mit in den Urlaub mitnehmen wollte. Und da es erst mal nicht zu voll sein sollte, habe ich nur den Inhalt mitgenommen, der mir in Norwegen von Nutzen sein würde. Das Job-Ticket gehörte eben nicht dazu – kurzum: Ich bin schwarz gefahren, daran gibt es nichts zu rütteln, wenn auch aus Versehen.
„Alles halb so wild“, erklärte mir dann aber Ihr Kontrolleur, der mich natürlich sofort erwischte – so ist das eben, wenn man mal etwas tut, das man sonst nicht tut. Es geht schief.
Die freundliche, joviale, ja beinahe kumpelhafte Art Ihres Mitarbeiters machte mir indes Mut. Und als er dann darauf auch noch erkläre, ich müsse nur mein Job-Ticket in „irgendeinem Reise-Zentrum der Bahn“ vorlegen, dann würde mir „umgehend der Fahrschein erstattet“, den ich jetzt beim nachlösen müsste. Und ein Bußgeld müsse ich natürlich auch nicht zahlen. Er schien mir also angesehen zu haben, dass ich echt kein professioneller Schwarzfahrer bin. Das ich nur einen 20-Euro-Schein, ein paar Münzen und ein Zehn-Cent-Stück dabeihatte hatte, und er nicht wechseln konnte, musste ich statt der geforderten 4,30 Euro für die Fahrt sogar nur 4,10 Euro bezahlen – eben mit jenen verblieben Münzen. Ich war echt begeistert und freut mich darüber, so viel Entgegenkommen von der Deutschen Bahn zu erleben.
Aber weit gefehlt. Wenn Sie sich im Fußball auskennen, dann wissen Sie, dass mit Borussia Mönchengladbach am vergangenen Samstag der Erzfeind des 1. FC Köln in unserer schönen Domstadt angetreten ist. Und dann wissen Sie auch, dass man an solchen Tagen besser einen Bogen um die Innenstadt und insbesondere um den überfüllten Hauptbahnhof machen sollte. Also fuhr ich nach Köln-Deutz, um dort im Reise-Zentrum Buße zu tun. Daraus wurde nichts: Der Mitarbeiter erklärte mir sofort, dass ich ein neues elektronisches Job-Ticket besäße, dass nur wenige Maschinen lesen könnten. Ein solches Gerät habe er indes nicht, dass gäbe es nur im Hauptbahnhof. Also rasch und leicht verärgert dorthin gefahren – Nummer ziehen, 30 Minuten zumnehmend genevt aufs Bing-Bong und die Nummer warten, dran kommen.
Dort dasselbe: Ihre freundliche Mitarbeiterin – laut Namensschild Frau W., die ich an dieser Stelle für Ihre sehr angenehme Art loben möchte – erklärte mir, dass auch ihr das entsprechende Lesegerät fehle. Aber um mir weitere Unanehmlichkeiten zu ersparen, würde Sie das jetzt einfach mal auf dem kurzen Dienstweg regeln. Entsprechene Maschinen gebe es derzeit nur (!!!) am Hansaring in Köln. Toll, dachte ich, und war überaus verwundert, dass sie von mir dann aber sieben Euro forderte, anstatt mir die 4,10 Euro zurückzuzahlen, die Ihr Schwarzfahrerjäger kassiert hatte. Da bin ich dann doch etwas sauer geworden, aber Frau W. blieb ruhig und schilderte, was Sache ist: Es sei längst kein Einzelfall, dass ungelernte Kontrolleure dem Kunden im Zug jenes erzählten, was auch ich zu hören bekommen hatte – „damit der Kunde im Zug ruhig bleibt“. Das komme ständig vor, dafür müssten sie und die Kollegen im Reise-Zentrum dann später alles ausbaden, „was die im Zug ja nicht interessiert“. Also habe ich Zähne knirschend die sieben Euro bezahlt und keinen einzigen versprochen Cent zurückerhalten.
Deswegen schreibe ich Ihnen: Da Ihr Mitarbeiter im Zug im Namen der Deutschen Bahn gesprochen hat, bitte ich Ihr Unternehmen jetzt, mir die sieben Euro und eben auch das Fahrgeld von 4,10 Euro umgehend auf mein Konto (...) zu überweisen. Ich denke, angesichts der Unanehmlichkeiten, die mir dieser „Fachmann“ bereitet hat, und angesichts der Erwartungen, die er bei mir geweckt hat, ist das nur fair. (...) Die Unkenntnis von seiner Arbeit (elektronisches Ticket) und Ihren Tarifbestimmungen tun ein Übriges.
Ich bin gespannt, wie Sie sich zu diesen Erlebnissen äußern. Ich füge Ihnen eine Kopie der Quittung über die sieben Euro, die ich von Frau W. erhalten habe, sowie eine Kopie des Fahrscheins, die ich von jenem Kontrolleur, bei. Gespannt auf Ihren Brief und die Überweisung verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,

Jens Höhner

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