Donnerstag, 18. November 2010

Wie schlau muss man sein, um bei der Deutschen Bahn zu arbeiten? Oder: Wie wenig Hirn reicht aus?

Jens Höhner
(...)

Köln, den 18. November 2010

DB Vertrieb GmbH
Fahrpreis-Nacherhebung

76518 Baden-Baden


Betrifft: Ihr Schreiben vom 17. November / Aktenzeichen D.10.3940365.01.8-25


Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für das oben genannten Schreiben, nach dessen Erhalt ich jetzt wirklich nur noch Bahnhof verstehe. Wieso soll ich jetzt noch 35,90 Euro nachzahlen? Davon war nie die Rede – im Gegenteil: Ihr ohnehin ungeschulter und offensichtlich unkundiger Kontrolleur sagte, dass ich bei Nachweis eines gültigen Jobtickets Geld zurückbekäme und dass ich die übliche Strafe nicht zahlen müsse, da ich das Ticket ja nur vergessen hatte. Inzwischen habe ich, wie von dem Mann beschrieben, den Nachweis erbracht, dass ich wirklich ein gültiges Jobticket besitze und es an jenem Tag tatsächlich nur vergessen hatte. Da ich bei dem Nachweis im Kölner Hauptbahnhof plötzlich eine Bearbeitungsgebühr von sieben Euro zahlen musste und rein gar nichts erstattet bekam (wie angekündigt), habe ich bereits ein Beschwerdeschreiben an Ihre Konzernzentrale in Berlin gesendet, das ich Ihnen beifüge. Aber auch die Mitarbeiterin (Frau W. Wagner) im Reisezentrum sagte, dass nun alles erledigt sei und nichts mehr nachkäme. Sollte dennoch ein Schreiben kommen, wie nun geschehen, sollte ich folgende Quittungsnummer angeben: FN-Nr. 4010182911217.

Ich gehe also davon aus, dass die ganze Angelegenheit hiermit für mich erledigt ist. Gern hätte ich das sofort geklärt, doch ich schon Schaden genug habe, sehe ich es einfach nicht ein, eine solche Abzock-Hotline anzurufen, bei der die Minute 14 Cent kostet. Sollte noch etwas sein, bitte kontaktieren Sie mich per E-Mail oder telefonisch.

Danke. Mit freundlichen, aber genervten Grüßen,
Jens Höhner

Dienstag, 16. November 2010

Manchmal muss man einfach meckern

Jens Höhner
(...)
Köln, den 15. November 2010

Deutsche Bahn AG
Beschwerdestelle
Postdamer Platz 2

10785 Berlin


Betrifft: Beschwerde über Fahrkartenkontrolleur


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit diesem Schreiben möchte ich Sie über einen Vorfall in Kenntnis setzen, der mich am ersten freien Wochenende seit etlichen Wochen ziemlich viele Nerven und vor allem kostbare Freizeit gekostet hat. Und das nur, weil einer Ihrer Mitarbeiter offenbar keine Ahnung von Ihren Geschäfts- und Tarifbedingungen hat. Es geschah am Mittwoch, 10. Novemer, im Zug der S-Bahn-Linie 12 von Köln nach Hennef beziehungsweise Au/Sieg. Ich stieg um 9.56 Uhr an der Haltestelle „Trimbornstraße“ in Köln zu – nicht wissend, dass mein Job-Ticket zu Hause lag. Ich hatte von meiner Freundin ein neues Portemonnaie geschenkt bekommen, das ich mit in den Urlaub mitnehmen wollte. Und da es erst mal nicht zu voll sein sollte, habe ich nur den Inhalt mitgenommen, der mir in Norwegen von Nutzen sein würde. Das Job-Ticket gehörte eben nicht dazu – kurzum: Ich bin schwarz gefahren, daran gibt es nichts zu rütteln, wenn auch aus Versehen.
„Alles halb so wild“, erklärte mir dann aber Ihr Kontrolleur, der mich natürlich sofort erwischte – so ist das eben, wenn man mal etwas tut, das man sonst nicht tut. Es geht schief.
Die freundliche, joviale, ja beinahe kumpelhafte Art Ihres Mitarbeiters machte mir indes Mut. Und als er dann darauf auch noch erkläre, ich müsse nur mein Job-Ticket in „irgendeinem Reise-Zentrum der Bahn“ vorlegen, dann würde mir „umgehend der Fahrschein erstattet“, den ich jetzt beim nachlösen müsste. Und ein Bußgeld müsse ich natürlich auch nicht zahlen. Er schien mir also angesehen zu haben, dass ich echt kein professioneller Schwarzfahrer bin. Das ich nur einen 20-Euro-Schein, ein paar Münzen und ein Zehn-Cent-Stück dabeihatte hatte, und er nicht wechseln konnte, musste ich statt der geforderten 4,30 Euro für die Fahrt sogar nur 4,10 Euro bezahlen – eben mit jenen verblieben Münzen. Ich war echt begeistert und freut mich darüber, so viel Entgegenkommen von der Deutschen Bahn zu erleben.
Aber weit gefehlt. Wenn Sie sich im Fußball auskennen, dann wissen Sie, dass mit Borussia Mönchengladbach am vergangenen Samstag der Erzfeind des 1. FC Köln in unserer schönen Domstadt angetreten ist. Und dann wissen Sie auch, dass man an solchen Tagen besser einen Bogen um die Innenstadt und insbesondere um den überfüllten Hauptbahnhof machen sollte. Also fuhr ich nach Köln-Deutz, um dort im Reise-Zentrum Buße zu tun. Daraus wurde nichts: Der Mitarbeiter erklärte mir sofort, dass ich ein neues elektronisches Job-Ticket besäße, dass nur wenige Maschinen lesen könnten. Ein solches Gerät habe er indes nicht, dass gäbe es nur im Hauptbahnhof. Also rasch und leicht verärgert dorthin gefahren – Nummer ziehen, 30 Minuten zumnehmend genevt aufs Bing-Bong und die Nummer warten, dran kommen.
Dort dasselbe: Ihre freundliche Mitarbeiterin – laut Namensschild Frau W., die ich an dieser Stelle für Ihre sehr angenehme Art loben möchte – erklärte mir, dass auch ihr das entsprechende Lesegerät fehle. Aber um mir weitere Unanehmlichkeiten zu ersparen, würde Sie das jetzt einfach mal auf dem kurzen Dienstweg regeln. Entsprechene Maschinen gebe es derzeit nur (!!!) am Hansaring in Köln. Toll, dachte ich, und war überaus verwundert, dass sie von mir dann aber sieben Euro forderte, anstatt mir die 4,10 Euro zurückzuzahlen, die Ihr Schwarzfahrerjäger kassiert hatte. Da bin ich dann doch etwas sauer geworden, aber Frau W. blieb ruhig und schilderte, was Sache ist: Es sei längst kein Einzelfall, dass ungelernte Kontrolleure dem Kunden im Zug jenes erzählten, was auch ich zu hören bekommen hatte – „damit der Kunde im Zug ruhig bleibt“. Das komme ständig vor, dafür müssten sie und die Kollegen im Reise-Zentrum dann später alles ausbaden, „was die im Zug ja nicht interessiert“. Also habe ich Zähne knirschend die sieben Euro bezahlt und keinen einzigen versprochen Cent zurückerhalten.
Deswegen schreibe ich Ihnen: Da Ihr Mitarbeiter im Zug im Namen der Deutschen Bahn gesprochen hat, bitte ich Ihr Unternehmen jetzt, mir die sieben Euro und eben auch das Fahrgeld von 4,10 Euro umgehend auf mein Konto (...) zu überweisen. Ich denke, angesichts der Unanehmlichkeiten, die mir dieser „Fachmann“ bereitet hat, und angesichts der Erwartungen, die er bei mir geweckt hat, ist das nur fair. (...) Die Unkenntnis von seiner Arbeit (elektronisches Ticket) und Ihren Tarifbestimmungen tun ein Übriges.
Ich bin gespannt, wie Sie sich zu diesen Erlebnissen äußern. Ich füge Ihnen eine Kopie der Quittung über die sieben Euro, die ich von Frau W. erhalten habe, sowie eine Kopie des Fahrscheins, die ich von jenem Kontrolleur, bei. Gespannt auf Ihren Brief und die Überweisung verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,

Jens Höhner

Mittwoch, 10. November 2010

Heute Morgen, 7.30 Uhr bei ATU

Von Jens Höhner

Für einen Moment weht er verführerisch hinaus, jener markante Duft von Reifengummi und Autofußmatten. Dann aber sind die Türen wieder zu, genug gelüftet. Und wir Kunden dürfen uns weiter draußen tummeln. 7.30 Uhr ist es, für einen Journalisten also noch viel zu früh. Ein eiliger Kaffee zuvor ist einfach nicht genug. Ich kann nur mühsam die Augen offen halten. Wer jedoch seine Reifen wechseln lassen will, der muss früh sein in diesen Tagen, verdammt früh. Doch kaum parke ich das geliebte Auto vor der Reifenwechselstation, da schlendert einer jener Kontrahenten fröhlich pfeifend um die Ecke und baut sich gleich vor der Eingangstüre auf. Und man muss kein Adlerauge sein, um zu wissen: Dieser Mensch hätte eigentlich auch erst am Nachmittag kommen können.

Wieder bin ich also nur die Nummer 3 in der Warteschlange, als sich pünktlich um 8 Uhr die Türen für den Geschäftstag öffnen. Denn kaum arbeitet man Autoteilehandel, da quetscht sich auch schon ein weiterer Kunde mit weißem Haupt irgendwie vorbei, überholt rechts und schert knapp vor der Bedientheke wieder ein. Pech gehabt. Vor dem inneren Augen ziehen prompt Bilder von Wackeldackeln, kunstfellbespannten Lenkrädern, Lederhandschuhen mit Löchern darin und Häkelhütchen, die Klopapierrollen kaschieren, vorbei, während man auf Bedienung wartet.

Endlich ist es so weit, endlich ist auch der nervöse, weil berufstätige Mensch mit nahendem Dienstbeginn dran. Einmal Reifen wechseln bitte, wenn möglich möchte ich darauf warten. „Geht nicht, erst abends fertig“, sagt der Autoteilehandelmitarbeiter und winkt ab. „Wir haben kluge Kunden“, setzt er hinzu. „Die liefern ihren Wagen immer schon am Abend vorher ab. Also keine Chance für Sie.“ Ich bin schachmatt, beschließe demnächst mein Auto ebenfalls am Vortrag vorbeizufahren und im Schlafsack darin zu campieren, um wirklich mal auf der sicheren Seite zu sein. Einmal möchte auch ich die „Pool Position“ am Tresen ergattern! Und ich weiß auch, wo ich jene cleveren Kunden treffen kann: gleich nach meinem Feierabend an der Kasse im Supermarkt!