Samstag, 13. Februar 2010

Tage wie dieser

Es gibt Tage, da muss ich einfach schreiben. Heute ist so einer. In Köln tobt der Karneval, aber wir machen auf gemütlich. Der Tisch im "Blauen König" ist für 19 Uhr reserviert, hier gibt es aber erst mal Sekt. Und bis wir losziehen, tauche ich wieder ab in die Welt kleiner Elche und großer Footballstars. Das zweite Buch wächst ... Und jetzt geht es weiter ... Schließlich gilt es, ein schönes Diner zu finden. Ich bin dann mal weg!

Liebe Grüße,
Jens

Mittwoch, 10. Februar 2010

Total unjeck - Etwas zum Karneval


Von Jens Höhner

Es ist wieder so weit. Wieder und wieder muss ich mir jene Frage gefallen lassen. Mal klingt sie bloß verwundert, mal neugierig, bisweilen aber auch bohrend und sogar empört: „Was, Du magst kein Karneval?“. Zur Erinnerung: Wir sind im toleranten Rheinland – aber sagen Sie mal, dass sie dem Karneval nicht unbedingt gewogen sind. Oder in meinem Fall: Dass Sie am liebsten Reißaus nehmen würden.

Denn diesem Bekenntnis folgen sofort Charakterstudien. Ah, ein Muffelkopp, denkt der eine. Oh, was für eine lahme Luftpumpe der andere. Kopfschütteln, Ausgrenzung, Isolation. Einsamkeit. Harte Zeiten für einen unjecken Narren. Und das noch dazu von einem der Höhner heißt und der damit einfach lustig sein muss! Unerhört! Ein dreifaches Tätä auf den Oberlangweiler, den Schunkelwogenbremser!

Zugegeben, früher war das anders. Da war ich Musketier, Clown und Robin Hood. Die Kostüme kamen nicht von der Stange: Monate lang hatte meine Großtante – ich nannte sie „Ti“ – daran genäht, bis tief in die Nacht surrte ihre Maschine. Einmal, nur einmal, kam die Kluft aus dem Laden: Da war ich Cowboy und hatte zwei Pistolen, damit ich den Sohn vom Oberstaatsanwalt mit Platzpatronenschüssen durch die Nachbarschaft scheuchen konnte. Der hatte Angst davor. Das war lustig.

Heute zucke ich zusammen, wenn's knallt und denke prompt an eine Flucht nach Kiel (da habe ich mal gelebt – 99 Prozent karnevalsfreie Zone) oder von mir aus auch an eine einsame Insel. Eine ähnlich gesinnte Kollegin rät gar, als Schweinegrippe-Virus zu gehen, da komme einem niemand zu nahe. Als Alternative schlägt sie Wirtschaftskrise vor, da gehe jede Fröhlichkeit garantiert den Bach runter.

Gute Idee, eigentlich. Denn immun gegen den Frohsinn bleibe ich meist – zumindest bis einer fragt: „Kurz auf'n Kölsch?“. Oft genug ist es dann nämlich schon passiert, dass ich plötzlich doch mittendrin stecke im jecken Trubel, ein Höhner-Lied auf den Lippen und Konfetti im Haar. Und erstaunt gefragt werde: „Was, Du magst kein Karneval?“

Dienstag, 9. Februar 2010

Brief an einen Fernsehsender

Guten Abend,

jaja, ich wollte regelmäßiger bloggen ... Aber irgendwie fehlt die Zeit. Das hole ich heute etwas nach. Ich bin keiner, der gern Beschwerdebriefe schreibt. Aber wenn, dann lasse ich meinem Unmut gern seinen Lauf, so wie in dem Brief, den ich hier mal poste. Da ich niemanden beleidigen will und datenschutztechnisch vorsichtig bin, habe ich gewisse Stellen gekürzt.

Jens Höhner
(...)
Köln, den 9. Februar 2010

(...)
Redaktion (...)
(...)

Betrifft: „Goodbye, Deutschland“


Sehr geehrte Damen und Herren,

bis vor zwei Minuten liefen auf meinem Fernseher „Goodbye, Deutschland“ und Ihr Sender. Jetzt aber ist die Glotze finster – und das wird künftig immer so sein, zumindest am Dienstagabend. Denn von meiner früheren Lieblingssendung habe ich endgültig genug. Früher habe ich dieses Format sehr gern gesehen, weil dort Menschen wie du und ich, mit denen man sich identifizieren konnte und die ähnliche Sorgen und Nöte hatten wie man selbst, nach Lösungen suchten, um im Ausland ein besseres Leben für sich und die Familie zu entdecken. Klappte dies, konnte man sich mit den Menschen freuen. Klappte es nicht, konnte man sie bedauern. Aber immer konnte man ihnen mit Respekt und Anerkennung für ihren Mut für eine derart große Veränderung zusehen.

Und heute? Ständig muss man da diese „Edelprolls“ aus Köln (...) ertragen – eben noch mit einer Sauforgie für einen Möchte-Gern-Adligen in Kitzbühel. Neulich schon hat es mir die Zornesröte ins Gesicht getrieben, als Herr (...) in Ihre Kameras sagen durfte, dass er pro Tag 2000 Euro ausgibt. (...) In harten Zeiten wie diesen kommt so eine Aussage wirklich nicht besonders gut. Damit kein Missverständnis aufkommt: Neidisch bin ich nicht. Ich arbeite hart für mein Geld und gebe es ebenso gern aus wie Herr (...). Ihm sei sein Reichtum gegönnt, doch in einem Sendeformat wie „Goodbye, Deutschland“ haben er und seine Gattin nichts zu suchen. Dafür gibt es sicher auch bei (...) andere Seicht-Soaps mit B- und C-Promis (die mich freilich nicht interessieren).

Von Ihrem durchaus journalistischen Anspruch, den Sie zu Beginn dieser Reihe hatten, haben Sie sich ohnehin längst verabschiedet, scheint mir. Denn plötzlich gingen reiche Menschen auch bei „Goodbye, Deutschland“ auf Traumhaussuche am Meer ... Will sagen: Die Sendungen werden immer wieder mit Archivmaterial aus anderen Formaten aufgeblasen. Und umgekehrt. So wie sich (...) jetzt auch noch im Format „Mein Auslandstagebuch“ produzieren darf. Offenbar regiert bei (...) der Rotstift und man setzt auf Billigproduktion sowie Mehrfachverwertung. Das ist traurig. Und ich als intelligenter und durchaus anspruchsvoller Zuschauer fühle mich veräppelt. Freilich passt auch Frau (...) – sofern die Beiträge mit ihr überhaupt real und nicht rein fiktiv um der Story willen sind – nur bedingt ins Format, da sie Model werden will und keine Möglichkeit sucht, um etwa ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

In der Tat ist dies mein erster Brief an eine Zuschauerredaktion – es hat gut getan, meinem Ärger Luft zu machen. Und zu wissen, dass es für einen Dienstagabend genügend Alternativen zu Ihrem Programm gibt, zum Beispiel in gedruckter Form, ist bei solchem Bildschirm-Müll eine mehr als tröstliche Aussicht. (...)

Es grüßt freundlich, wenn auch genervt

Jens Höhner